2018 - Going Guernsey

 

11. Mai 2018 – Keep on sailing

Am Morgen des 11. Mai passiere ich mit randale nordic die Molenköpfe der Flevomarina in Lelystad. Wir motoren um die Hafenmole, gehen auf Marschfahrt und werfen einen letzten Blick auf den Heimathafen der letzten zwei Jahre. Mit an Bord sind meine beloved Brittiwoman und Katrin und Neußi. Wir wollen das Schiff zwei Tagesreisen weiter bringen, über Amsterdam durch den Nordseekanal nach Scheveningen.

Von nun an wird der Bug des Schiffes nur noch Richtung Süden zeigen, bis wir Lanzarote erreicht haben.  Die Reise in die Karibik, die wir letztes Jahr unterbrochen hatten, weil Sidika und Parvane zu uns gekommen sind, geht weiter. Ziel für dieses Jahr ist der kleine bretonische Ort Roscoff am Ausgang des Ärmelkanals, nördlich von Brest. Der Winter war lang, aber wir haben ihn genutzt, um das Schiff fit für die Reise zu machen. Das Unterwasserschiff saniert, die Manschette des Saildrive ersetzt und diverse Gelcoatschäden beseitigt.

 

Das Schleusenmanöver an der Schleuse in Lelystad läuft routiniert, die Fender hängen an der richtigen Stelle und die Festmacher finden sicher die richtigen Poller. Wir laufen zusammen mit einem Frachter aus der Schleusenkammer, passieren die Batavia, den Nachbau eines Ostindienfahrers, setzen im Hafenbecken das Großsegel und den Code Zero und nehmen Kurs auf Amsterdam. Ein sonniger, ruhiger Segeltag erwartet uns. 10 Seemeilen vor Samsterdam schläft der Wind ein und wir starten die Maschine. Wir verbringen die Stunden mit Chillen, Sonnen und Essen. Als wir mit nur wenigen Metern Abstand an einer Fahrwassertonne vorbei rauschen ermahne ich mich selbst: Reiss, dich zusammen, Jani Schlafmütze. Wäre doch wirklich schade, die Reise wegen eines Rammings beenden zu müssen.

 

In der Schleuse vor Amsterdam wir es wuselig, ein Vorgeschmack auf den völlig überfüllten Sixhaven direkt in der Innenstadt von Amsterdam. Erst nach langem Manövrieren finden wir eine Nische, in die wir randale nordic bugsieren können. Nach dem zweiten Gin Tonic geht die Argo bei uns längsseits, wir sind mit Andrea und Karl-Heinz verabredet. Wir kippen noch ein Begrüssungsbier und stürzen uns dann ins Amsterdamer Straßenleben. Unfassbar wie lebendig die Stadt immer wieder ist und wieviel Menschen auf den Straßen unterwegs sind. Neußels laden uns in ein Restaurant ein, einen Libanesen. Humous mit libanesischem Brot, Lamm und exotisch gewürztes Hähnchen. Saulecker.

 

Ziemlich platt beenden wir den Abend wie schon soviele davor. Während Karl-Heinz schon in seiner Ecke im Cockpit die Augen zumacht köchelt die Maschine Espresso, es gibt einen Willi und ein Stück Schokolade. Lets call it a day.

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12. Mai 2018 - Sixhaven

 

Was für ein Gewusel. Morgens um 8 kommt langsam Leben in die Seglergemeinde. Mein Blick vom Cockpit in die Runde offenbart einen völlig zugestopften Hafen. Plan war eigentlich, früh zu starten, um die ablaufende Tide der Nordsee zu nutzen und schnell südwärts nach Scheveningen zu kommen. Aber das wird nichts, 3 Schiffe liegen direkt vor uns im Päckchen und auch die Wege zur Hafeneinfahrt sind dicht. Na dann, keep calm, mach Frühstück .Wir schmeißen unsere Vorräte und die der Argo zusammen und frühstücken zu sechsts im Salon von randale nordic.

 

Gegen 10 Uhr löst sich dann der Pfropfen im Hafen und wir können auslaufen. Tschüß, Andrea und Karl-Heinz, bis nächste Woche. Wir motoren in einem Pulk von Motoryachten den Nordseekanal nach Ijmuiden. Neußi steuert das Schiff sicher auf der rechten Fahrwasserseite entlang, wir passieren Containerterminals, Werften, aber auch Felder und Wiesenlandschaften. 2 Stunden später passieren wir die Schleuse in Ijmuiden, es geht 2,80 Meter nach oben und der Kanal spuckt uns in die Nordsee.

Wir passieren die Molenköpfe, setzen Segel und gehen auf Süd-Süd-Ost-Kurs. Der Wind ist recht schwach, weite Strecken legen wir unter Maschine zurück, immer parallel zu den endlosen Nordseestränden Hollands.

 

Gegen 18 Uhr erreichen wir Scheveningen. Bei der Hafeneinfahrt fängt uns gleich der Hafenmeister ab, er habe keinen Liegeplatz für uns, die ganze Woche ist eine riesige Regatta und der Hafen ist ausgebucht. Na klasse. Er bietet uns einen Platz im “Dritten Hafen” an. Wir motoren dorthin, der von Möven in Beschlag genommene Steg ohne Strom und Wasser sieht allerdings mehr aus wie der “Letzte Hafen”. Dagegen ist der Industriehafen Duisburg West geradezu idyllisch, aber wir haben keine Wahl. Wir wandern zurück zum Hafenmeister, bezahlen unsere 14,10 Euro Hafengeld und fangen unser Auto wieder ein, dass wir bereits vor dem Start hierher gebracht hatten.

 

Es gelingt uns nachhaltig, uns den Hafen mit Gin Tonic und Weißwein schön zu trinken. Als dann auch noch das Schweinefilet in Pflaumensauce dampfend vor uns steht, ist die Welt wieder wunderschön.

 

randale nordic bleibt nun diese Woche hier liegen, bis ich nächste Woche mit Valentin und Karl-Heinz starte, um das Schiff in die Bretagne zu segeln. Hoffentlich passiert meinem Greifswalder Mädchen nichts, der Hafen ist recht ungeschützt und für die Woche ist Wind angesagt.

 

 

20. Mai 2018 – Viel Schaum, Mecker und Sandbänke

 

Am Abend des 19. Mai kommen Britta, Karl-Heinz, Valentin und ich am Schiff an. Wir hatten uns in Dinslaken getroffen, dem Schnittpunkt unserer Routen nach Den Haag/Scheveningen. Die Sachen von Valentin und Karl-Heinz sind schnell umgeladen, die letzten 200 Kilometer fahren wir zusammen. Wir finden das Schiff in einer schaumigen Kloake vor, der Rumpf ist von dem Rotz bedeckt. Naja, kümmern wir uns morgen drum. Wir beladen das Schiff. Immer wieder erstaunlich, wie die Lebensmittel, Klamotten und die Ausrüstung im Bauch von Nordi verschwinden.

 

Zum Abendbrot fahren wir nach Rotterdam. Wir sind dort mit Mark, Nicole und Timmi verabredet. Wir sitzen in einem Restaurant direkt am alten Hafen, bestaunen aber vorher noch die spektakuläre neue Markthalle und die kubischen Häuser gegenüber. Rotterdam ist eine echte Boomtown, voller Leben, Architektur und Menschen aller Couleur. Mehr als eine Reise wert. Der Abend verläuft super, obwohl wir ewig auf unsere Fischsuppe, die Ossenhaas (Steaks) und das Schokofondue warten.

 

Am nächsten morgen verabschiede ich meine Brittifrau, wie bei jedem Abschied von ihr habe ich einen Kloß im Hals. Ich schaue ihr nach, bis der Multivan um die Ecke verschwunden ist. Bis in zwei Wochen, pass auf dich auf.

 

Wir starten die Maschine und fahren das Boot in die Hauptmarina, bunkern dort Wasser und befreien das Schiff vom Schnodder der letzten Woche. Vor dem Auslaufen schaue ich noch nach dem Ölstand der Maschine. Ich höre meinen Vater sagen: Peting, hast du schon nach dem Öl geguckt? Sorge um die Dinge, ehe sie enstehen, hatte er mir als 6-Jähriger in mein Poesiealbum geschrieben. Mein Vater ist letzte Woche gestorben, aber er wird immer mit mir segeln.

 

Dann laufen wir endlich aus, Kurs Südost. Unser Ziel ist Boulogne sur Mer, südwestlich von Calais. Aufgrund des guten Wetters wollen wir die Nacht durchsegeln, für die rund 150 Seemeilen werden wir wohl um die 30 Stunden brauchen und morgen Nachmittag ankommen. Wir passieren Rotterdam, unsere Augen suchen den Horizont nach querender Großschifffahrt ab und ich tippe die kleinen AIS-Dreiecke auf dem Plotter an, um den Kurs der Riesen zu erfahren.

 

Mit bis zu 9 Konoten rauschen wir an der Osterschelde vorbei, essen Wurst, Käse, Brot und gönnen uns ein kleines Schnäppschen. Valentin versorgt uns wieder liebevoll.

 

Gegen Abend zieht Nebel auf und der Wind frischt auf. Der Kurs vor der holländischen Küste ist etwas tricky, Großschifffahrt, Sandbänke und Windparks wollen umschifft werden. Auf dem AIS sehen wir, das ein Küstenschutzboot wendet und auf uns zu hält. Laut hupend und winkend hält es auf uns zu. Ich war nicht auf Kanal 16, verdammt. Schnell springt Karl-Heinz auf und geht auf Empfang. Der erboste Funkoffizier erklärt uns an der Funke, dass wir in ein Sperrgebiet eingelaufen sind, wo ein Windpark entsteht. Wir sollen es auf 110 Grad verlassen, demütig schleichen wir Richtung Osten davon.

 

 

21. Mai 2018 – La Grande Nation

 

Das Wachboot begleitet uns bis zur belgischen Küste. Wir sehen es nicht in dem Nebel, aber das AIS Signal läuft parallel zu uns. An der Grenze zu Belgien ruft er uns erneut, ermahnt uns aufmerksam zu sein und wünscht eine gute Reise. Dann entlässt er uns in die flanderschen Sandbänke.

 

Vor der Küste Belgiens liegen bis zu 20 Kilometer von der Küste entfernt Sandbänke, die uns gefährlich werden können. Man muss sehr sorgfältig navigieren, die kreuzenden Frachter und Tanker aus Antwerpen kommend machen es nicht leichter. Ich steuere das Boot bis Nachts um 2 Uhr durch die Fahrwasser, dann übergebe ich an Karl-Heinz, der die anstrengende “Hundewache” übernommen hat. Als wir gegen 6 Uhr Calais erreichen, übernehme ich wieder. Gegen 8 Uhr ist die Mannschaft dann komplett an Deck, es gibt Frühstück.

 

Bevor wir gegen 10.30 Uhr Boulogne de Mer erreichen, setze ich die Trikolore unter der Steuerbordsaling. Wir sind in Frankreich. Wir machen in Boulogne im Yachtclub fest, zum Hafenmeister müssen wir eine Rampe erklimmen, die bei Niedrigwasser recht steil ist.

 

Die Stadt ist nicht schön im eigentlichen Sinn, wirkt aber sehr lebhaft. Pfingstmontag ist auch in Frankreich Feiertag, aber auf den Straße ist viel Leben. Wir kehren in ein Restaurant ein, sitzen draußen mit Blick auf die Kathedrale. Ich traue mich an die normannische Fischplatte. Valentin rät, auf die Austern Tabasco und Zitrone zu träufeln. Ein Super-Tipp, lecker, nur an die Schnecken komme ich nicht ran.

 

Wieder an Bord kramen wir die Espresso-Maschine aus dem Schapp. Dazu wie immer, ein Schappes und ein Stück Schoko.

 

 

22. Mai 2018 - Passatsegeln

 

Um 6 Uhr ist bereits ein Höllenlärm in der Pantry, Karl-Heinz wäscht das Geschirr vom Vortag ab. Valentin und ich quälen uns aus den Koje und starten ebenfalls in den Tag. Ohne Frühstück laufen wir früh aus, um von dem ablaufenden Hochwasser nach Dieppe gezogen zu werden. Wir setzen nur den Code Zero und gehen vor den Wind auf 200 Grad, immer parallel zur 120 Kilometer langen Alabasterküste, ein aus Kreide und Kalk bestehendem Ufer, das bis zu 100 Meter hoch steil ins Meer abfällt. Hmm, da sind die Kreidefelsen von Dover und Rügen so berühmt, und hier gibts das ganze in XL.

 

Valentin brutzelt Spiegeleier zum Frühstück, bei dem Geschaukel auf dem Vorwindkurs eine echte Challenge. Der Himmel ist strahlend blau, wir genießen das entspannte Segeln. Als wären wir bereits im Passatwind, der uns später über den Atlantik schieben soll. Seit einigen Tagen haben wir wieder ein Leck im Druckwassersystem, die Pumpe für die Förderung des Trinkwassers springt alle paar Minuten an und in der Bilge steht Wasser. Irgendwann hat Karl-Heinz genug gechillt und macht sich auf Lecksuche. Er findet die undichte Stelle beim Hauptverdächtigen, der Heckdusche, mit der man sich draußen im Cockpit abduschen kann. Das Problem ist, dass man dazu im Heck des Schiffes durch eine kleine Luke auf dem Rücken liegend im Dunkeln mit der Stirnlampe die undichte Stelle finden muss. Der kleine Zwischenraum ist voll gestopft mit Technik, Kabel, Leitungen und der Auspuff vom Motor versperren den Zugang. Aber Karl-Heinz schafft es. Bravo, du First-Class-Bordingenieur.

 

Während dessen zaubert Valentin eine Paella, die wir im Cockpit verschlingen. Gegen 18 Uhr erreichen wir Dieppe, das älteste Seebad Frankreichs, gelegen in einer Nische zwischen den Kreidefelsen. Wir finden einen Liegeplatz, stellen aber fest, das dies nicht der Gästesteg ist und legen das Schiff auf einen anderen Platz. Da wir ja jetzt zweimal angelegt haben, stellen wir fest, das uns ein zweiter Anlegedrink zusteht. So trinken wir vor dem abendlichen Stadtbummel noch einen Gin-Tonic.

 

 

23. Mai 2018 – Lazy day

 

Tidennavigation wie Jani sich das vorstellt: Wir wollen nach Cherbourg, das sind gut 100 Seemeilen. Bei etwas mehr als 5 Knoten brauchen wir ca.20 Stunden. Das Wasser läuft jeweils 6 Stunden in den Ärmelkanal und 6 Stunden wieder raus. Es ist besser, 2 mal eine ablaufende Tide mit zunehmen. Also muss man kurz nach Hochwasser auslaufen, die mitlaufende Tide schiebt ordentlich. Und da wir im Hellen in dem fremden Hafen ankommen wollen, bedeutet das: Wir können auschlafen, wir starten mit dem Abendhochwasser um 18 Uhr.

 

So kommt auch erst morgens um 9 Leben ins Schiff. Ich bin etwas “mal a tete”, das lange Schlafen bekommt mir wohl nicht, eine Aspirin hilft. Das Frühstück nehmen wir im Cockpit, dabei beobachten wir das Treiben um uns herum. Die Hafenmauer wird mit einem riesigen Kärcher gereinigt, ein Auto mit Lautsprechern wirbt für den Zirkus, Fischstände werden aufgebaut. Dieppe hatte sicher schon bessere Tage, aber die Atmosphäre dieses alten Seebades an der rauhen Ärmelkanalküste in der Normandie ist großartig.

 

Gegen Mittag erkunden wir die Stadt, erklimmen eine Anhöhe, auf der eine Kirche steht. Von dort oben haben wir eine atemberaubende Aussicht auf die Hafeneinfahrt, die Englandfähre wird von der Brandung in den Hafen geschoben.

 

Valentin kauft den letzten Fisch vom Fischhändler auf dem Vorplatz des Hafens, wir lassen ihn uns mit Kartoffeln, Speckstippe und Salat schmecken. Etwas voll gefuttert machen wir um 17 Uhr das Schiff startklar, Karl-Heinz meldet uns auf “canal douze” ab. randale nordic – randale nordic, we are leaving the habour, going Cherbourg. Gegen 18 Uhr dampfen wir mit Fullspeed durch die Hafeneinfahrt hinaus in La Manche, wie die Franzosen den Ärmelkanal nennen.

 

 

24. Mai 2018 – Eine lange Nacht, Fischernetze und ein blinder Passagier

 

Im Slalomkurs entfernen wir uns von der Alabasterküste. Hunderte von Fischernetzen sind ausgelegt, gekennzeichnet nur durch eine kleine Flagge an einenm Stab, in der aufgewühlten See erst auf 200 Meter auszumachen. Eine Stund später sind wir frei von der Küste und gehen auf 262 Grad, direkter Kurs. Der Wind spielt zunächst mit, wir segeln unter Großsegel und der Fock, unserem “Brett”, dem wunderbar ziehenden Vorsegel aus Cruisinglaminat. Mit der ablaufenden Tide erreichen wir bis 8 Knoten, quälen uns aber später auch mit 4 Meilen die Stunde dahin, als die Strömung gegen uns steht. In der Nacht verlässt uns der Wind, wir laufen wieder mal mit Maschine. Gegen 1.30 Uhr kommt Karl-Heinz aus der Koje gekrochen, wir trinken noch gemeinsam einen Tee. Die Nacht ist nicht wirklich kalt, aber langsam kriecht doch die Kühle durch die Klamotten. Ich freue mich auf die Koje, wir hatten vorauschauend auch die Dieselheizung angeworfen.

 

In den Morgenstunde landet eine junge Taube auf dem Boot. Sie krallt sich am Bimini fest, später traut sie sich auf das Teakdeck im Cockpit und reist stumm und aufgeplustert mit uns. 10 Seemeilen vor der Küste verlässt sie und dann wieder und nimmt Kurs Richtung Land.

 

Wir kommen um 13.30 Uhr in Cherbourg an. Zu einer Stadtbesichtigung können wir uns nicht aufraffen, wir checken bei der Hafenmeisterin ein und besichtigen die Duschen. Im Zubehörladen besorgen wir einige Kleinigkeiten. Eine Gastlandflagge für Guernsey, Dichtungen für die Dusche und eine kleine Handpumpe, um die Reste des Wassers von den Undichtigkeiten der Heckdusche aus den letzten Winkeln zu saugen. Bevor wir den Cobb-Grill anschmeißen und Rumpsteaks grillen, reinige ich noch die Persenning vom Bimini von den Hinterlassenschaften unseres blinden Passagiers.

 

Unsere Alkoholika als Aperativ stellen wir um, von Gin Tonic auf Pastice. Zu den Steaks essen wir Salat und als Nachtisch gibt es die Trilogie aus Schokolade, Espresso und einem Obstler. Vive La France.

 

 

25. Mai 2018 – Nebel, Racies und Eddies und Delfine

 

Als ich morgens aus der Luke schaue sehe erstmal nicht. Nebel! Die Sicht ist unter 50 Meter. Ich gehe erstmal mit Karl-Heinz Baguette und Croissants kaufen. Viel Baguette erreicht das Schiff nicht mehr, während wir durch die Straßen von Cherbourg laufen reißen wir uns immer wieder ein Stück ab. Wir fotgrafieren noch die Statue von Napoleon, die am Hafen steht, er zeigt Eichtung Britannien.

 

Wir finden kaum das Schiff wieder, die Sicht ist auf 20 Meter runter. Trotzdem entschließe ich mich zum Auslaufen. Mit viel Vertrauen in die Elektronik dampfen wir durch die Molenköpfe ohne sie zu sehen und starren in die Nebelwand. Es geht Richtung Guernsey, die größte der Kanalinseln. Der Kurs führt parallel zur Küste Richtung Cap de la Hague. Der Strom schiebt zunächst mit 2 Knoten mit. Auf Höhe des Caps reisst der Nebel auf und gibt den Blick auf die felsige Küste frei. Der Strom erreicht hier 6,5 Knotem, wir laufen mit über 12 Knoten. Um uns herum Racies und Eddies, wie die Strömungen und Wasserstrudel hier genannt werden.

 

3 Stunden später erreichen wir St. Peters Port auf Guernsey. Vor der Hafeneinfahrt begegnet uns ein riesiger Fährenkatamaran, die mit über 30 Knoten seine Passagiere nach England bringt. In seiner Hecksee spielt eine Herde Delfine, die mit dem rasenden Ungetüm mithalten. Als das Schiff vor dem Hafen die Fahrt drosselt wird es der Delfinschule zu langweilig und sie kommen zu uns geschwommen. Sie umkreisen das Boot, tauchen unter ihm durch und schwimmen ein kleines Stück mit uns, bevor ihnen auch das zu langweilig wird. Was für ein Empfang. Das Wasser ist hier schon deutlich blauer, die Delfine, die Insel. Wahnsinn.

 

Wir laufen in den Hafen ein und gehen an den Wartesteg. Vor der Victoria Marina liegt eine Schwelle, die nur bei Hochwasser zu passieren ist und sonst trocken fällt. Die Hafenbehörde, Guernsey Border Agency, kommt mit einem kleinen Boot längsseits und überreicht uns die Papiere zum Einklarieren. Welcome to Guernsey ruft er uns zu, wir füllen die Papiere im Cockpit aus und geben sie ihm zurück, als er uns 1 Stunde später zu unserem Liegeplatz delegiert.

 

Wir liegen mit randale nordic direkt an der Waterfront, wir schauen auf die Promenade, Restaurants und Diskotheken. Auf dem Boulevard kreuzen teure Autos umher. In Verbindung mit den historischen Gebäuden ein tolles Flair. Beim Bummeln im Hafen entdecken wir einen Fischhändler und kaufen 18 Austern. “Watch right” steht an den Fußgängerüberwegen auf die Straße gepinselt, hier herrscht Linksverkehr.

 

Wieder an Bord lassen wir den Abend ausklingen, Valentin öffnet uns die Austern, die wir mit einer Sauce aus gehackten Zwiebeln, weißem Balsamico und Tabasco genießen. Unser gut gekühlter Schlauch mit Weißwein macht einige Runden bei uns im Cockpit. Morgen schauen wir uns die Stadt an.

 

 

26. Mai 2018 What a nice place

 

St. Peters Port gefällt uns richtig gut. Die Stadt ist eine Mischung aus gut gepflegten Häusern, historischen Gebäuden, Kirchen und Straßencafes Wir laufen kreuz und quer durch die Stadt, entdecken immer wieder schöne Ausblicke und Plätze. In einem Cafe kommen wir mit einer jugen Schweizerin in Kontakt, die uns einige Tipps geben kann.

 

Nach unseren Einkäufen leihen wir uns 2 Motorroller und eine kleine Yamaha aus. Wir haben die Maschinen bis morgen Nachmittag und machen spätnachmittags noch eine kleine Tour Richtung Osten, unser Ziel ist eine kleine in den Fels gehauene Marine. Wir bestellen uns im Yachtclub einen Cappuccino und genießen den idyllischen Anblick in der Abendsonne. Valentin hat 20 Jahre nicht auf einem Motorrad gesessen, kommt aber super zurecht. Wir flitzen über die kurvigen Straßen zurück nach St. Peters Port. Die Landschaft wirkt wie aus einem Rosamunde Pilcher Film. Wir passieren kleine Ortschaften mit ihren Häusern aus Granit, grüne Landschaft und immer wieder Ausblicke auf das Meer, den Little Russel, die Meerenge zwischen Guernsey und Herm über die wir auch gekommen sind.

 

Wieder an Bord kümmern wir uns um unser Abendessen. Es gibt köstliche Scalops, Jakobsmuscheln, vorweg. Valentin brät sie in Knoblauch. Unser Hauptgang ist ein Kabeljaufilet mit einer Tomatensuppe, garniert mit frischem Basilikum, den wir zusammen mit Schnittlauch und Petersilie in Töpfen unter der Sprayhood züchten. Der Weißwein fließt wieder reichlich und wir verklönen den Abend im Cockpit.

 

Spät Abend nehmen wir dann nochmal die Bodenplatten hoch und entfernen die Reste von dem Wasser, das aus unserer Frischwasseranlage in den Bauch des Schiffes geflossen ist. Das Leck im Druckwassersystem hatte unser First-Class-High-Performance-Bordingenieur Karl-Heinz ja schon repariert, jetzt finden wir mit einem kleinen Schlauch unserer Handpumpe auch den tiefsten Punkt im Boot und können das Wasser restlos eentfernen. Hoffentlich.

 

Gegen Mitternacht erhalte ich noch eine Whattsapp-Nachricht vin Britta. Sie bricht gerade mit ihren Freundinnen auf zum Flughafen, sie wollen in unser Appartment auf Lanzarote. Guten Flug, Britti Woman, du fehlst mir so sehr.

 

 

27. Mai 2018 – Bays, Oldtimer und dicke Steaks

 

Heute gibt es ein deftiges Frühstück im Valentin-Style: Spiegeleier mit Speck und Pilzen, saulecker. Und das im Cockpit des Bootes mit Blick auf St. Peters Port, das langsam erwacht.

 

Gegen 10 Uhr starten wir zu unserer Inselerkundung mit den Rollern. Wir fahren zunächst an den südöstlichsten Punkt der Insel. Das Cap liegt auf über hundert Metern, und da die Sicht heute gut ist, erkennen wir die Nachbarinseln Herm, Sark und sogar Jersey. Spektakulär.

 

Die Fermanbay ist wie aus dem Bilderbuch. Eine sichelförmige Bucht, heller Strand, Felsen und grüne dschungelartige Vegetation. Wir laufen einen engen Weg durch den Wald um zu einer Stelle zu gelangen, die diesen Ausblick ermöglicht.

 

Wir sind immer wieder beeindruckt, die Schönheit der Insel ist so makellos. Im Westen und Norden ist Guernsey flacher, weiter. Blicke über endlose Strände, tiefblaues Meer und historische Anlagen. Die Inseln liegen im Golfstrom, was das ganze Jahr ein mildes Klima sicherstellt. Überall auf der Insel sind Palmen angepflanzt.

 

Unseren Mittag gestalten wie very british. Fish and Chips, mit diesen kleinen obligatorischen knallgrünen Erbsen. In dem Ausflugslokal treffen wir auf eine Flotte klassischer britischer Sportwagen. Valentin erklärt uns die Besonderheiten der Healys, Triumphs und Austins. Wunderschöne Gefährte. Morgen ist in St. Peters Port Hill Climb, die alten Boliden werden auf einer kurvigen Strecke den Berg hochgescheucht. Wir sind schon sehr gespannt.

 

Der Rückweg entlang der Nordküste führt uns immer wieder durch kleine Seebäder. Wieder am Boot beschließt Karl-Heinz schwimmen zu gehen. Ich begleite ihn noch einmal in die Fermanbay, traue mich aber nur bis zu den Knien in den 15 Grad kalten Ärmelkanal, während Karl-Heinz sich ohne zögern hinein schmeißt. Respekt, Herr Scherer.

 

Bereits am Vortag hatten wir 3 riesige Ribeyesteaks von Rindern aus Guernsey gekauft. Die grillen wir Abends auf dem Boot. Mit Sicherheit eins der besten 10 Steaks, die ich je gegessen habe, butterzart und aromatisch. Zum Abschluss des Tages öffnen wir noch die Flasche Calvados, die wir am Vormittag auf dem französichen Markt gekauft hatten. Noch ein bisschen mehr von allem, und wir würden einen Einbürgerungsantrag stellen, so schön war der Tag.

 

 

28. Mai 2018 – Klar Schiff

 

Klar Schiff ist angesagt. Den ganzen Vormittag schrubbe ich an randale herum, Deck waschen, Aufbau polieren, Sprayhood mit Schimmelentferner säubern. Die arme Mannschaft scheuche ich von Bord, Karl-Heinz und Valentin werden auf Landgang geschickt, bis alles glänzt.

 

Gegen Mittag gehen wir dann gemeinsam zum Hill Climb. Heute ist “Bank Day”, alle Läden, Geschäfte und Schulen haben geschlossen. So etwas wie ein beweglicher Ferientag. Im Süden der Stadt geht es in kurvigen Serpentinen auf eine Anhöhe. Dort findet das Autorennen statt. Die Autos, Motorräder; Quads und Carts werden unter ohrenbetäubenden Lärm den Berg hinauf gejagt. Es sind interessante Gefährte dabei, neben aufgemotzen Serienautos sind auch Einzelbauten dabei, die extra für diese Bergrennen konstruiert wurden. Am schnellsten schaft es ein Formel-3-Rennwagen, der die Strecke in weniger als 30 Sekunden schafft.

 

Als akustisches Gegenprogramm gehen wir auf die südliche Außenmole vom Hafen, die am Ende von einer riesigen Befestigunganlage überragt wird. Wir stehen auf der Pier und schauen auf die einlaufenden Schiffe. Am imposantesten sind die großen Schnellfähren, 70 Meter lange Trimarane und Katamarane, die mit 35 Knoten zwischen den Inseln und dem Festland pendeln.

 

Wir besuchen kurz den ansässigen Yachtclub und trinken ein Bier auf der Dachterasse. Members of other Sailclubs are welcome, ansonsten eine geschlossene Gesellschaft, very british. Da das Restaurant keine Muscheln im Angebot hat such wir uns etwas in der Innenstadt. Wir können draußen sitzen und bei sonnigen Wetter das Treiben beobachten, während wir jeder einen dampfenden Topf mit Moules in Weißwein-Sahne-Sauce bekommen.

 

 

29. Mai 2018 – Jumping to Jersey

 

Die Kanalinseln unterstehen direkt der Britischen Krone, gehören also nicht zum Vereinigten Königreich. Folge ist, dass die Inseln sich selbst verwalten und auch eigene Gesetze haben, insbesondere Steuergesetze. So kostet der Liter Diesel auch nur 62 Pence, als wir am Morgen vor dem Auslaufen das Schiff noch einmal betanken.

 

Wir können den Hafen nur 3 Stunden vor und nach Hochwasser verlassen, damit wir über den “Sill”, die Schwelle kommen, die den Hafen vor dem trockenfallen bewahrt. Eigentlich wollten wir später starten, um die Strömung Richtung Jersey zu starten, die läuft aber erst wenn es auf Niedrigwasser in Guernsey zugeht. Verrückte Tidennavigation.

 

Uns erwartet ein toller Segeltag bei optimalen Bedingungen. Der Code Zero zieht uns bei 3 bis 4 Beaufort durch das Meer, das hier blaugrün ist. Ich denke beim Betrachten des Meeres an meine Brittifrau, petrol ist ihre Lieblingsfarbe, auch unser Wohnzimmer ist so gestrichen. Zum Frühstück rollen wir das Vorsegel kurz ein, damit uns die Frühstückseier nicht vom Tisch rollen. Das Essen hat eine hohe Priorität bei uns an Bord, da verzichten wir auch gerne mal auf etwas Geschwindigkeit.

 

Um 14 Uhr passieren wir Point Corbiere, das felsige Cap am Südwestende von Jersey und nehmen Kurs auf St. Helier, der Hauptstadt von Jersey. Wir segeln dicht unter der Küste und bewundern die ersten Villen, die in diesem Steuerparadies stehen. Vor dem Hafen müssen wir an einen Wartesteg, auch die St. Helier Marina hat ein Sill. Wir nutzen die Zeit zum Essen, Andrea hat uns köstliches Wildschweingulasch eingekocht, und für ein Mittagsschläfchen.

 

St. Helier vermittelt ein ganz anderen Eindruck als das lauschige St. Peter Port. Glasfronten, Banken, Finanzdienstleister an jeder Ecke. Dazwische viele Banker in ihrem typischen Outfit. In diesem Jahr scheint man mit Sneakern zum dunklen Anzug ganz weit vorne zu liegen.

 

Wieder an Bord gestalten wir einen Fernsehabend. Mit Herausforderungen. Ich weiß nicht, ob es ein internationales Gesetz gibt, dass es verbietet mehr als einen Kleiderhaken in den Duschen zu montieren und ein funktionierendes WLAN zu installieren. Diesmal kämpfen mir mit dem WIFI, um den Bericht von MareTV in der Mediathek über die Kanalinseln zu schauen. Schlussendlich hängt Karl-Heinz das Tablet mit Kabekbindern an die Decke, dort reicht der Empfang gerade so aus, den Bericht mit etwas Ruckeln zu schauen.

 

 

30. Mai 2018 – Jersey

 

Nach einem echt langsamen Start in den Tag suchen wir das Hafenbüro auf, um uns über Möglichkeiten einer Besichtigung der Insel zu informieren. Es wird ganz klassisch eine Busrundfahrt. Die Stunde bis zur Abfahrt nutze ich für ein Power-Shopping, ich besorge ein paar Mitbringsel.

 

Der Busfahrer aus Wales ist ein britisches Original. Er schafft es tatsächlich, während der 4-stündigen Tour über die Insel pausenlos zu reden. Aber er weiß wirklich viel über die wunderschöne Insel. Wir besuchen Point Corbierre, dass wir gestern vom Wasser aus gesehen haben, essen Mittag in einem netten Strandrestaurant und genießen immer wieder den Ausblick auf das Meer und die Küstenlinie, die wir aus dem betagten und klappernden Bus (Sorry guys, i have no Aircondition) sehen.

 

Am frühen Abend besorge ich noch etwas zollfreien Schnappes für die Bordbar, bevor wir uns zum Abendessen über die Austern und die Seezungen hermachen. Ich schenke den Kids vom Nachbarboot unsere letzte Schachtel Mini Ritter Sport und wir kommen mit den Eltern ins Gespräch. Die Familie lebt auf Guernsey und ist mit den Kindern nach Jersey gesegelt, da es auf Guernsey keinen McDonald gibt. Vielleicht waren wir deshalb so begeistert von der Insel.

 

 

31.Mai 2018 – Die letzte Etappe

 

Der Wecker geht um 5 Uhr. Um 8.20 Uhr ist Hochwasser, 3 Stunden vorher ist der Wasserstand hoch genug um die Schwelle vor dem Hafen zu passieren. Ganz schaffen wir es nicht, um 5.20 Uhr auszulaufen, aber wir sind früh unterwegs. Im Hafenbecken müssen wir warten, da eine Fähre gerade ablegt und den Vorhafen blockiert. Wir passieren die Hafenmolen und gehen Richtung Westen, Generalkurs 251 Grad. Wir haben 80 Seemeilen vor uns, werden also ca. 16 Stunden brauchen. Der Wind ist leider wieder sehr schwach, uns so laufen wir weite Teile unter Maschine. Im Lauf des Vormittags reißt der Himmel auf und es wird warm im Cockpit. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Küste der Bretagne, setzten wieder die französische Gastlandsflagge unter der Steuerbordsaling und versuchen trotz schlechter Sicht Ausblicke auf die Küstenlinie zu erhaschen. Die “Rosa Granitküste” ist trotz der diesigen Sicht sehr eindrucksvoll. Ich freue mich schon jetzt sehr, dass randale nordic ein Jahr in Roscoff liegen wird und wir die Gegend erkunden können.

 

25 Seemeilen vor dem Ziel geraten wir in starke Regenschauer. Es prasselt heftig auf das Deck und wir verkriechen uns in Ölzeug vermummt hinter der Sprayhood. Danach ist der Wind völlig weg und wir laufen die letzten Meilen unter Maschine. Das Meer ist hier schon recht tief, und trotz der Windstille läuft eine sanfte Dünung, die eine Höhe von bis zu 1,50 Meter erreicht.

 

Gegen 21 Uhr erreichen wir Roscoff, unseren neuen Heimathafen. Ich bin sehr froh, dass die Reise so glatt lief. Außer unserem Malheur vor der belgischen Küste haben wir keine gravierenden Fehler gemacht, der Wind war meist auf unserer Seite und das Essen an Bord immer erstklassig.

 

Karl-Heinz, Valentin, Gentleman, es war mir eine Ehre mit euch zu seglen und freue mich schon auf die nächste Etappe.

 

15. Mai 2016 - Auf dem Bolzplatz
Um 9 Uhr morgens fahre ich das letzte mal für die nächsten Jahre das Fahrwasser aus Heiligenhafen hinaus. Als ich über die Schulter zurück schaue, muss ich kurz schlucken. Auch wenn am Heck von randale nordic Greifswald steht, mein Heimathafen wird für immer Heiligenhafen sein. Der Ort, an dem mir Seebeine wuchsen.
An der Ansteuerung drehen wir das Schiff in den Wind und Karl-Heinz setzt das einmal gereffte  Großsegel. Als wir abfallen und die Fock ausrollen klettert die Logge auf 8 Knoten. Der Windmesser errechnet 18 Knoten Wind. Klasse. Bis wir auf den Amwindkurs eindrehen. Im Fehmarnsund steht eine fiese Welle und das Gebolze beginnt. Wir beginnen Richtung Laboe zu kreuzen, gute 30 Seemeilen direkter Weg. Aber bei der Welle erreichen wir nur Wendewinkel über 50 Grad und die Strecke zieht sich. Als wir das Ende der Hohwachter Bucht erreicht haben nehmen wir die Segel weg und bolzen mit der Maschine gegenan. AK voraus, Herr Kaleun.
Eine Regenbö mit über 30 Knoten zieht über uns hinweg. Am Gestänge des Bimini rutscht ein Beschlag, der nicht richtig festgedreht ist und das Sonnendach wölbt sich wie ein Gleitschirm. Der Inbus hat ein englisches  Maß, habe ich natürlich nicht an Bord. Aber mit einem Bändsel lässt sich der Paraglider am Heck bändigen.
Gegen 15 Uhr erreichen wir Laboe, etwas durchgefroren und angefeuchtet. Britti ist froh, wieder fest am Steg zu liegen. Besonders ihr Magen ist sehr dankbar.
Abends brutzeln wir Rouladen im neu angeschafften Schnellkochtopf. Miri und David kommen an Bord, sie haben vor ihrer Heimfahrt nach Kassel noch in einem schicken Strandhotel mit Blick auf die Förde übernachtet. Karl-Heinz und ich machen noch einen Spaziergang und schauen uns das Zimmer an. Unsere 10000 Schritte erreichen wir heute nicht, aber das IPhone bescheinigt immerhin 6000. Wir sind uns einig, dass wir in  Verbindung mit unserem Segeltag genug Bewegung hatten und genießen mit gutem Gewissen unsere abendliche Trilogie aus Obstler, Espresso und Zartbitterschokolade.

16. Mai 2016 - Den Kanal voll
Haben wir gegen 17.00 Uhr als wir Brunsbüttel erreichen. Nach 9 Stunden Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal.
Der Tag beginnt früh, schon um 6 Uhr ist Leben auf dem Boot. Karl-Heinz springt noch schnell unter die Dusche während ich das Boot klar zum Auslaufen mache, den Landstrom einhole und mir die Unterlagen vom Kanal anschaue.
Britti will eigentlich liegen bleiben, wir legen auch ohne sie ab, ab das sonnige Wetter lockt sie doch an Deck. In der magischen Atmosphäre der fast windstillen Kieler Förde genießen wir den ersten Kaffee, passieren Friedrichsort und erreichen die Schleusenanlage in Kiel Holtenau. Kiel Kanal , Kiel Kanal für randale nordic. Karl-Heinz ruft die Schleuse über UKW-Kanal 12 und fragt, wie wir uns verhalten sollen. Aha, zwischen den Anlagen auf Standby gehen und warten. 15 Minuten später laufen wir in die Nordkammer ein und machen an den glitschigen Anlegern fest. Die Schleusung dauert nur wenige Minuten und wir werden wieder ausgespuckt. 98 Kilometer Kanalfahrt liegen vor uns. Es weht uns ein kalter Westwind entgegen, und so wechseln wir drei uns im Stundentakt am Ruder ab. Viel zu tuen gibt es nicht an Bord. Der Yanmar schnurrt mit 2500 U/min und wir verbringen den Tag mit essen, rudergehen und schlafen. Morgens ein Müsli, am späten Vormittag die Reste vom Vortag und später Pfannkuchen mit Camenbert.
Zwischendurch kommen uns immer wieder große Frachter entgegen, der Kanal ist die am meisten befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Links und rechts ist viel Grün, kleine Ortschaften, Angler. Die letzten Kilometer ziehen sich, die Kälte sitzt uns in den Knochen.
Das Anlegebier trinken wir in einer kleinen Kneipe mit Kanalblick, gut geheizt. Von unserem kleinen Stadtbummel bringen wir uns einen Döner mit, den wir an Bord vertilgen. Danach machen wir noch kleinere Reparaturen auf dem Boot, Karl-Heinz ziegt die Schrauben eines Handlaufs nach und klebt die Befestigung der Jalousien neu ein während ich den Tidenkalender studiere. Ab morgen diktieren die Gezeiten unseren Tagesrhythmus.

Auf dem AIS (Automatic Identification System)

Und life

17. Mai 2016 - Im Gezeitenstrom mit Jan Cux
11.01 Uhr ist Hochwasser in Brunsbüttel. Vor- und nachher steht das Wasser ca. eine halbe Stunde. Wir können also ab 10.30 Uhr ausschleusen um mit dem ablaufenden Wasser nach Cuxhaven zu fahren. So die Theorie.
Praktisch stehen wir um 8 Uhr morgens auf. Ein Müsli-Frühstück und  tolle Duschen bringen uns in den Tag. Danach laufen wir in den ortsansässigen Edeka und füllen unseren Kühlschrank, Fisch-Schmidt versorgt uns mit Kabeljau-Filet. Gegen 11.30 Uhr schleusen wir endlich aus dem Kanal aus und randale nordic schwimmt in der Elbe. Wir laufen unter Maschine Richtung Cuxhaven. Speed over ground 4 Knoten, Fahrt durchs Wasser 5 Knoten. Ich zweifel erstmal an meinen Rechenkünsten, der Ehrenpreis in Tidennavigation geht heute wohl nicht an mich. Etwas später können wir die Fock setzen und laufen die Elbe weiter herab. Eine Stunde vor Cuxhaven segeln wir mir 9 Knoten Speed, der Ebbstrom läuft jetzt doch mit 3 Knoten mit uns.
In Cuxhaven tanken wir Diesel und füllen den Wassertank. Auch in dem war Ebbe. Karl-Heinz ist der beste Performance-Abspüler zwischen hier und Oklahoma, aber der Wasserverbrauch dabei gleicht dem eines mittelgroßen Chemiewerkes.
Spargel mit Dorsch, vorweg einen Gin-Tonic und zum Nachtisch frische Erdbeeren. Um das wieder weg zu bekommen, versuchen Karl-Heinz und ich unsere 10000 Schritte zu erreichen und schauen uns die "Alte Liebe", den Hamburger Leuchtturm und das Feuerschiff Elbe 1 an. Schritttechnisch erreichen wir unser Tagesziel nicht ganz, aber wir sind sehr zufrieden mit dem Tag und dem Abend.

18. Mai 2016 - Trottellummen, Knieper und die lange Anna
Um kurz vor 6 klappe ich meine Augen auf. Der eigentliche Plan war, nach 10 zu starten um möglichst nahe an das ablaufende Hochwasser zu kommen. Aber das kommt erst kurz vor zwölf, und gestern habe ich gelernt, dass das Wasser noch anderthalb Stunden nachläuft. Also doch jetzt starten. 10 Minuten später laufen wir tatsächlich aus, die Elbe schiebt uns mit 9 Knoten in die Nordsee. Anfangs sehr schwachwindig, können wir später den Code  Zero und das Groß setzen und Kurs auf Helgoland nehmen. Ein herrlicher Segeltag erwartet uns, viel Sonne und Wind aus südlichen Richtungen.
Bereits gegen 13 Uhr erreichen wir den roten Felsen im Meer und finden einen  Liegeplatz im Südhafen. Wir bezahlen unseren Liegeplatz beim drögen Hafenmeister, der mühselig unsere Daten in den Computer tippt. Mit den Duschen hat er nichts zu tuen, die werden privat betrieben. Na dann, vielen Dank für den freundlichen Empfang.
Wir fahren mit einer kleinen Fähre hinüber zur Düne, einer kleinen Sandinsel, die Helgoland vorgelagert ist. Die Insel steht unter Naturschutz. Bei unserem Strandspaziergang sehen wir mehrere Seehundkolonien, die im Sand in der Sonne dösen. Man kann sich den Tieren sehr leicht nähern, sie zeigen keine Scheu gegenüber Menschen. Wir legen uns ca. 25 Meter entfernt ebenfalls in den Sand und beobachten das Treiben der Herde. Im Wasser rangeln sich zwei Jungbullen, aber der Rest liegt unbeeindruckt am Strand und relaxt. Sehr inspirierend, einige Minuten später liegen auch wir und Karl-Heinz schnarcht mit den Robbies um die Wette.
Als wir zurück auf Helgoland sind, besichtigen wir das Unterland, das etwas den Charme der späten Siebziger versprüht. Mit einem Aufzug gelangt man ins Oberland, wir laufen am Klippenrand um die gerade mal einen Quadratkilometer große Insel. Die Brutkolonien sind sehr beeindruckend, man kommt den Trottellummen, Basstölpeln und Möwen sehr nahe. Wieder ein tolles Naturerlebnis. Wir fotografieren die lange Anna, den riesigen allein stehenden Felsen,  aus mehreren Perspektiven und beobachten die Alexander von Humboldt zwo beim Einlaufen. Als wir wieder am Schiff sind, zeigt der Schrittmesser von Karl-Heinz mehr als 16000 Schritte. Wir haben uns ein lecker Abendbrot verdient!
In einem kleinen Restaurant in der Nähe der Promenade essen wir Knieper, die helgoländer Variante von Hummern. Das Gerät zum Zerlegen und Pulen könnte auch ein Zahn- oder Fauenarzt gut verwenden, aber man bekommt damit auch prima das Fleisch aus den Zangen. Zufrieden mit diesem fantastischen Tag beenden wir den Tag wie immer, ein Espresso, ein.....

19. Mai 2016 - Earlybirds
Wir liegen in Helgoland im Päckchen, das heißt wir liegen an der Pier und neben uns 2 Yachten Bordwand an Bordwand. Wann wir morgen loswollen fragen unsere Nachbarn. Naja, wir wollen nach Borkum und haben so 70 Seemeilen vor uns. Ist so zwischen 5 und 6 ok?
Morgens um 5 klopft es tatsächlich auf unser Deck, beide Mannschaften in Manöverbereitschaft. Wir sind noch nicht ganz so weit, schnell in die Bordhose, Schuhe an und an Deck. Moin Nachbarn, danke, dass das klappt. Ich starte den Diesel, Karl-Heinz hat schon den Landstrom gezogen und Britti sortiert Leinen und Fender. 10 Minuten später dampfen wir durch die Molenköpfe und gehen Kurs West-Süd-West. Nach diesem Kaltstart kochen wir erstmal einen Kaffee, die See ist spiegelglatt.  Wir dösen durch den Tag,  kochen,  reparieren und lesen. Wir kreuzen zweimal Schifffahrtwege, den Terschelling - German Bight und den Western Approach, Autobahnen für Tanker und Containerriesen. Durch unser neu installiertes AIS (Automatic Identification System) kein Problem, wir sehen die bis zu 25 Knoten schnellen Schiffe auf unserem Plotter und können unseren Kurs anpassen.
Gegen 16 Uhr erreichen wir Borkumriff und laufen in das Ems-Delta ein, fahren an Borkum vorbei und drehen an der Fischerbalje in die Zufahrt zum Hafen. 18 Uhr, Schiff fest.
Der Hafen ist grauselig, ein alter Militärhafen. Aber wir werden sehr nett von der Hafenmeisterin empfangen die uns auch den Toilettenschlüssel übergibt. Wir bummeln durch den Hafen und trinken unser Anlegebier im Restaurant Yachthafen. Naja, genauer eine Sprite, ein Kaffee und ein Nullzweier Bierchen. Für morgen planen wir einen  Hafentag.
Ich bin sehr froh, dass wir so zügig bis hier gekommen sind. Ab hier sind wir weitgehend wetterunabhängig. Starker Westwind hätte die Passage durch die Nordsee unmöglich gemacht, aber durch die langen Etappen haben wir die Wetterfenster nutzen können. Und wie immer dabei: Meine Brittifrau. Wie heißt es bei den Sportfreunden Stiller? Will ich mal wieder mit dem Kopf durch die Wand, legst du mir Helm und Hammer hin. Das macht Britti auch, sie unterstützt in jeder Situation, bleibt ruhig. Meine Navigatorin!

Wissen nicht immer, wo es lang geht

Weiß immer, wo es lang geht

20. Mai 2016 - Lazy day
Wir werden aus Gewohnheit alle um 6 Uhr rum wach, obwohl wir einen Hafentag machen. Senile Bettflucht. Bleiben aber liegen und dämmern wieder ein. So richtig leben kommt erst gegen 10 Uhr ins Schiff, wir kochen uns Kaffee und ein Eichen. Gegen Mittag laufen wir in den Hauptort von Borkum, 7 Kilometer von unsrem Liegeplatz entfernt. Ca. 16000 Schritte, sagt Karl-Heinz Schrittzähler. Die letzten Meter beginnt es zu regnen, wir flüchten in ein Kaffee. Den Ort schauen wir uns im Laufschritt an, es hat sich eingeregnet. In einem Edeka machen wir Einkäufe. Zurück gönnen wir uns ein Taxi und Britti verstaut unsere Beute in den Schapps.
Borkum ist eine schöne Insel, viel Natur, endlose Strände. An der Hauptpromenade kann man alte Seebäderarchitektur bewundern. Direkt von der Promenade aus kann man Sandbänke mit Seehunden beobachten.
Diese Zeilen schreibe ich, während wir im Restaurant "Zum Yachthafen" sitzen und ich auf meinen Kabeljau nach Art des Hauses warte. Mal schauen, wie das Essen schmeckt, für den Laden spricht auf jeden Fall das tadellose Wlan.

Frühstücksbrettchen von Karl-Heinz getischlert ;-)

Feuerschiff Borkumriff - außer Dienst, wie alle deutschen Feuerschiffe

21. Mai 2016 - I understood
Langsam bekomme ich eine Ahnung, was segeln in Tidengewässern bedeutet. Das Wasser fließt in der Nordsee immer langsamer, und somit länger, rein als raus. Wir starten heute erst zweieinhalb Stunden nach Niedrigwasser und die Tide spült uns planmäßig in die Ems Richtung Delfzjil. Ich verleihe mir innerlich den Ehrenpreis für hervorragende Kenntnisse im Wattenmeer, übersehe aber dabei fast eine Fahrwassertonne, auf die uns der Tidenstrom quer zuschiebt. Unser Yanmar heilt das Manöver und wir haben drei herrlich Segelstunden. Obwohl wir streckenweise aufkreuzen, erreichen wir am Wind 9 Knoten über Grund.
In Delfzjil erwartet uns unsere erste Schleuse, wir verlassen die Nordsee und die Seeschleuse senkt uns ins Binnenland. Wir tuckern den Emskanal durch Friesland. Links und recht von uns weite Felder, Weiden, Kühe. Vereinzelt stehen Gehöfte und Baumgruppen in der Landschaft.
Die erste Brücke liegt vor uns. Und nun? Aha, die haben uns schon gesehen, die Brücken sind kameraüberwacht. Das Signal springt von rot auf rotgrün, Standby. Wenn die Ampel grün zeigt: Nix wie durch. Yachten begegnen uns nur sehr wenige, aber einige Binnenfrachter kommen uns entgegen.
Um 15 Uhr erreichen wir Groningen und finden einen Liegeplatz mitten in der Stadt. Wir liegen in einer Gracht und genießen das Treiben um uns herum. Die Studentenstadt ist auf den Beinen, irgendwas wird gefeiert. Auf dem Wasser sind viele Gruppen mit Sloepen (Schaluppen) unterwegs, laute Musik, Gelächter. Die Stadt ist eine lebendige Mischung aus traditioneller Architektur und internationaler Moderne. Der Hammer, ob man sich in meinem Alter noch an der Hanze-Uni einschreiben kann?
Wir beenden den Abend im Cockpit, überbackene Auberginen, Nudeln mit Lachs-Sahne-Sauce und roter Grütze mit Vanille-Sauce.

22. Mai 2016 - Friesland
Um 9 Uhr morgens starten wir, vorher sind die Schleusen und Brücken nicht in Betrieb. Wir werden in einer 3er-Gruppe durch Groningen gelotst. Eine Moody 54, ein riesiges Motorboot und wir. Der Schleusenwärter radelt neben uns her, von Brücke zu Brücke, sperrt den Straßenverkehr und öffnet die Brücken. Unfassbar, gestern haben wir sogar eine Autobahn gekreuzt, die für uns als einziges Boot gesperrt wurde, um uns als einziges Boot  durchzulassen.
Die "Staande Mastroute" (Stehende Mast Route - man kann mit stehendem Mast durch ganz Holland fahren) hat uns mitten durch das großartige Groningen geführt. Es gibt viel zu sehen, tolle Wohnschiffe und Hausboote, Häuser, Leben in der Stadt.
Nach zweieinhalb Stunden haben wir den Brücken-Marathon hinter uns fahren durch das ländliche Friesland. Das bunte städtische Treiben wechselt in weite Landschaften. Das Wetter ist so lala, es regnet nicht viel, aber der graue Himmel hängt über den grünen Feldern. Wir durchqueren nicht viel Orte, Abwechslung bringen nur die wenigen Schleusen und Brücken.

Als wir einen Tankstopp einlegen, entdecken wir ein Schild: Mastenbauer. Karl-Heinz ist sofort Feuer und Flamme, er braucht einen neuen Holzmast für seine Argo, die alte Holzplanke. Da haben sich zwei Holzwürmer gefunden, sofort wird über Lackierungen und Holzsorten gefachsimpelt, Email-Adressen ausgetauscht und erste Verabredungen getroffen. Während dessen bespricht Britti auf englisch mit einer italienischen Yacht, wann wir den Liegeplatz an der Tankstelle räumen und wo überhaupt der Hafenmeister zu finden ist. Als Karl-Heinz und ich vom Mastenbauer zurück kommen, räumen wir den Liegeplatz und fahren weiter.

An einer flachen Stelle laufen wir auf. randale nordic hat einen recht tiefen Kiel, mit 1,90 Meter sind wir an der Obergrenze, die Route überhaupt fahren zu können. Wir kommen aber leicht wieder frei und können die Fahrt fortsetzen, bis wir um 18.30 Uhr Dokkum erreichen.
Wir machen direkt in der Stadt fest, es regnet. Wir stellen unseren Cobb-Grill unter die Sprayhood und kurz danach gibt es Salat, Rind, Huhn und Schweinefleisch. Internet ist hier kostenlos und sauschnell, endlich kann ich auch die Galeriefunktion von Jimdo nutzen.

23. Mai 2016 - Fifty shades of grey
Oh mein Gott, wie kann es nur soviel regnen. Wir verlassen morgens um 9 Uhr Dokkum mit der ersten Brückenöffnung. Der Himmel hängt tief, es regnet, und das wird es bis zu unserer Ankunft tuen. Dazu pfeift ein Wind aus Nord. So tuckern wir südwärts. Karl-Heinz und ich wechseln uns am Ruder ab. Wir durchfahren wunderschöne Orte, aber selbst zum Fotografieren ist es zu nass. Uns beeindrucken immer wieder die tollen Häuschen, die direkt am Wasser liegen, traumhaft schön. Viele mit einem eigenen Bootsanlieger, das wärs! Das eigene Schiff direkt am Grundstück fest getüddelt. Um die Mittagszeit passieren wir Leuwarden. Seit morgens bereits haben wir einen Motorsegler hinter uns, der vor den Brücken, vor denen wir warten müssen, viel zu nahe auffährt. Den Höhepunkt erreicht das in Leuwarden, wo er vor einer Brücke auf Warteposition bis auf wenigen Zentimeter auf uns drauftreibt und uns mit seiner Schiffshupe anbölkt. Obwohl ich innerlich koche bleibe ich cool und manövriere randale nordic rückwärts um ihn herum, um ihn nicht mehr hinter mir zu haben.
Nach Leuwarden erwartet uns wieder weites Land, Friesland. Unglaublich grün, riesige Schaf- und Rinderherden, aber heute alles bedeckt vom Grau des Himmels.
Unser Tagesziel für heute heißt dann auch Grouw. Obwohl mitten im Binnenland gelegen, ist es eines der Wassersportzentren der Region. Ein malerischer Ort, umgeben vom Wasser, Yachthäfen und Schiffsservice wohin man schaut.
Beim Einfahren in den Ort laufen wir das zweite mal auf dieser Reise auf. Obwohl uns der Nordwind auf die flache Stelle drückt, zieht uns der Schiffsdiesel schnell wieder in tiefes Wasser. Wir finden eine tolle Anlegestelle vor einem Hotel. Britti geht direkt nach dem Anlegemanöver in das Hotel und handelt einen Deal aus: Wir dürfen die Nacht umsonst dort liegen, wenn wir abends dort essen gehen.
Es erwartet uns ein grandioses 4-Gänge-Menü, Karl-Heinz lädt ein. Gebeizter Lachs, Kabeljau mit Spargel, Lamm und Vanilleeis mit Erdbeeren. Und das Beste: Ich kann vom Essenstisch auf mein Boot schauen! Mehr geht nicht. Obwohl es den ganzen Tag geregnet hat, bin ich sehr glücklich. Wir sind nur noch eine Tagesreise von Lelystad, unserem Heimathafen für diese Saison, entfernt. Das tolle Essen, dieser besondere Liegeplatz, der Rückblick auf den gelungen Überführungstörn lassen mich sehr zufrieden sein. Und meine Frau, die am Abendbrottisch neben mir sitzt, und sich für mich mit freut.
Ich sitze gerade noch im Salon von randale nordic, während ich diese Zeilen schreibe. Britti ist schon in ihre Koje gekrochen, hat sich eingemummelt. Schlaf gut, meine Brittifrau, ich passe auf dich auf.

Unser Liegeplatz

4-Gänge-Menü mit Blick aufs Schiff

24.5.2016 - Fast im Ijsselmeer
Unser Liegeplatz direkt vor dem Restaurant Ostergoo gefällt uns so gut, dass wir morgens dort frühstücken gehen. Koffee, leckere Zimtteilchen, Eier und Yoghurt, wir sitzen lange, bis wir uns endlich aufraffen. Vor dem Ablegen wollen wir noch den neuen Kartenchip in den Plotter schieben, aber der alte will nicht aus seinem Slot. Schließlich gelingt es Britta doch, den Chip mit einem Messer aus dem Schacht zu fummeln, dabei fliegt er in hohem Bogen nach hinten und bleibt wenige Zentimeter vor der Deckskante liegen. Uff, fast 350 Euro versenkt. Zu allem Überfluss funktioniert der neue nicht, er soll alle Karten von Holland bis zu den Kanaren enthalten, aber der Simrad-Plotter liest ihn nicht ein. Also die alte Karte wieder rein, die allerdings keine Details vom Fahrgebiet zeigt.
So kommen wir nach dem Ablegen auch gleich an der ersten Kreuzung von Fahrwassern ins Trudeln. Die roten Tonnen links oder rechts? Um die kleine Insel noch herum oder nicht? Während wir noch diskutieren, schiebt sich der Kiel von randale nordic schon in den Modder. Aha, Britti hatte Recht, die roten bleiben backbord.
Wenig später biegen wir in den Prinses Margriet Kanal ein, einen der Hauptkanäle durch Friesland. Wir motoren südwärts. Später können wir sogar segeln, der Code Zero zieht uns voran. In Böen erreicht der Wind über 20 Knoten und wir rauschen streckenweise mit über 8 Knoten dahin, überholen sogar kleine Frachter. Auf einem Vormwindstück passiert es dann, das Schiff schaukelt sich auf, luvt stark an und schießt fast in die Sonne. Doch wir reagieren richtig, während Britta den Zero ausrauschen lässt, hechte ich zum Motor, starte ihn und lege den Hebel auf Vollgas während Karl-Heinz das Schiff in den Wind dreht. Wir schaffen es, das knatternde Segel einzurollen und gehen wieder auf Kurs. Schwein gehabt, so weit war es nicht mehr bis zum Ufer.
Am späten Mittag laufen wir in Lemmer ein, das Segelzentrum Frieslands. Wir kommen an einem halben Dutzend Yachthäfen und Marinas vorbei, aber wir laufen bis direkt in die Innenstadt. An der ersten Brücke in die Stadt bezahlen wir unser Klompgeld, die Gebühr für die Passage. Von der Brücke wird ein Holzschuh an einer Angel herabgelassen, worein man sein Geld steckt.
Wir liegen direkt an der Partymeile der Stadt, links und rechts des Kanals sind Restaurants, Kneipen, Geschäfte. Viel los ist allerdings Ende Mai und so mitten in der Woche nicht, trotzdem ergattern wir den letzten Liegeplatz. Wir bummeln durch die Stadt und kaufen ei, später gibt es Fischsuppe und Spargel mit Schweinesteaks. Zum Nachtisch frische Erdbeeren mit Vla, dem köstlichen holländischen Pudding.

25. Mai 2016 - Sie haben ihr Ziel erreicht
Ich werde eine halbe Stunde vor Lelystadt wach, beende mein Mittagsschläfchen im Salon. Bei der Fahrt von Lemmer nach Lelystadt ist mal wieder kein Wind, wir laufen wieder unter Maschine. Um 11 Uhr ist uns nach einem zweiten Frühstück und wir durchforsten das Schiff nach Reste von Essbarem. Eine halbe "Ahle Worscht", Schinken, Käse. Und dann sind da noch ein paar Flaschen Bier. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf, bereits eine Stunde vor Mittag trinken wir das erste Bierchen. Und dann noch eins. Um ein Uhr ereilt mich dann bleiernde Müdigkeit und ich verschwinde mit einem verständnissuchenden Blick unter Deck zu meinem Schläfchen. Mannomann, sollte nicht zur Gewohnheit werden.
Als wir in die Flevomarina einlaufen bin ich wieder halbwegs fit, wir finden schnell unseren Liegeplatz an Steg 7. Unser Heimathafen für den Rest der Saison. Ich hatte den Platz bereits von zuhause aus gebucht. Der Hafenmeister empfängt uns freundlich, erklärt uns alles und gibt uns unsere Hafenkarte. Die Marina ist wirklich klasse, bietet allen Komfort und auch technische Möglichkeiten. Alle Servicebetriebe sind vor Ort, vom Segelmacher bis zum Motoren-Service. Und auch die Atmosphäre ist toll, etwas außerhalb gelegen, mitten im Grünen mit einem tollen Strand direkt angrenzend.
Gegen 19 Uhr kommt Andrea an, um Britta und Karl-Heinz abzuholen. Im Gepäck eine Riesenüberraschung: Eine Eiswürfelmaschine. Ich flitze schnell ins Restaurant um eine Flasche Tonic zu kaufen. Bereits 10 Minuten später klötern die ersten Eiswürfel ins Glas. Gin Tonic, gekühlt.
Abends gehen wir in das Restaurant direkt am Yachthafen. Auch davon sind wir begeistert. Tolles Essen mit Blick auf den Yachthafen. Als die Sonne rot im Ijsselmeer versinkt finde ich es fast zu perfekt.
Morgen werden Britta und Karl-Heinz von Bord gehen, ich bleibe noch bis Sonntag und werde mit Merle und Ingmar nach Hause fahren, die Freitag für 2 Tage in die "Prinz-William-Suite" (wie wir die Achterkajüte nennen) einziehen. Ich blicke zufrieden auf den ersten Teilabschnitt meiner Reise zurück. Alles hat geklappt, aber doch wieder anders als geplant. randale nordic hat sich wieder als tolles Fahrtenschiff bewiesen, sowohl beim harten Aufkreuzen als auch bei stundenlanger Motorenfahrt ist das Schiff eine zuverlässige Partnerin und auch unser Stück Heimat, das mit uns reist. Es bleiben tolle Eindrücke von den Landschaften, den Erlebnissen und vor allem von uns, Karl-Heinz, unserem Performance-Abspüler und Bordingenieur und meiner geliebten Britti woman.

Sollst du denn immer so viel Wasser verbrauchen beim Abwaschen?

Mein Greifswalder Mädchen an ihrem neuen Liegeplatz